Wir haben einen ganzen Kanon von wirklich guten Industriemuseen, zum größten Teil mit gut gewählten Schwerpunkten. Dazu kommen die fachspezifischen Heimat- und Ortskundemuseen. Fachdidaktisch nach rund 25 Jahren LVR/LWL-Bearbeitung alle toll aufgebaut und sinnvoll durchdacht. Leider: Für externe Besucher, gerade Ausländer, ungefähr so interessant wie das Telefonbuch von Herne.
Ich hab früher für das DAAD mit anderen Kollegen zusammen ausländische Studentengruppen geführt, wir sind zumeist in das Industriemuseum Oberhausen, das Heimatmuseum Duisburg oder den Landschaftspark Nord gefahren. Der "Ruhri" an sich lernt hier interessante Details über seine Region, bringt aber auch die vorausgesetzten Grundlagen zum Thema Industrialisierung und Entwicklung des Ruhrgebiets mit. Für jemanden aus Patagonien, Italien oder Frankreich sind das böhmische Dörfer.
Und ich denke für genau diese Zielgruppe ist das Ruhrmuseum gemacht. Jemand, der aus den USA kommt und vom Ruhrgebiet keine Ahnung hat, zumeist noch nicht einmal was von der Rhein-Ruhr-Area gehört hat. Für diese Besucher vermittelt das Ruhrmuseum Ruhrpott light, will eher Stimmungen den Fachwissen vermitteln. Und wer dann noch mehr wissen will geht ins Industriemuseum, Bergbaumuseum, DASA und den ganzen Rest.
Was das Thema Stereotypen angeht: Klar, wird da bedient, vom Kumpel über die Bude bis zum Fuchsschwanz. Auch wird ein bisschen damit gespielt und kokettiert, gerade die Galerie am Anfang ist ja auch eher Kunstinstallation als wirkliches Ausstellungsobjekt. Aber ich sehe das vielleicht auch insofern etwas weniger kritisch, als das Bottrop (und Teile des umliegenden nördlichen Ruhrgebiets) WIRKLICH in Teilen noch so aussehen, hier dominiert die Schwerindustrie tatsächlich noch das Bild einzelner Stadtteile. Fahrt mal nach Duisburg-Hüttenheim, Bottrop-Welheim oder Mühlheim-Styrum und ihr wisst was ich meine.
Wirklich schlecht fand ich den letzten Bereich Drittes Reich und Nachkriegszeit, der wirkt einfach etwas unorganisiert und hektisch. Reizüberflutung pur, von der präindustriellen Landwirtschaftsgesellschaft zum Wirtschaftswunder in 10 Ausstellungsmetern. Auch hatte ich das Gefühl einige Exponate wurden zwangsweise aus dem alten Essener Museum übernommen, z.B. die ausgestopften Tiere. Auch die mineralogischen Geschichten fand ich eher ermüdend.
Aber mein Gesamtfazit lautet: Würde ich heute noch Führungen für Touristen machen würde ich mit denen ins Ruhrmuseum gehen, mit einer Schulklasse aus Bochum-Wattenscheid aber eher in ein gescheites Industriemuseum. Letztendlich ist das Ruhrmuseum der Zusatzkurs Geschichte für die Abwähler und die meisten Industriemuseen eher Grund- oder Leistungskurs ;-)
Fotoalbum:
Ruhrmuseum Zollverein 2010 |
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